Vom Arbeitgeber vorformulierte arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln bzw. Verfallklauseln, die auch den gesetzlichen Mindestlohn erfassen, verstoßen gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB und sind jedenfalls dann insgesamt unwirksam, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen wurde.
Es entspricht einer weit verbreiteten Übung, in Arbeitsverträgen sogenannte Ausschlussfristen oder Verfallklauseln zu vereinbaren. Diese sollen zu einer schnelleren Erledigung von Ansprüchen führen, als dies die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren vorsieht. Ausschlussfristen sollen demgemäß dem Rechtsfrieden und der Rechtsfreiheit dienen, in dem sie bereits nach kurzer Zeit Klarheit darüber herstellen, welche Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis noch bestehen bzw. eben nicht mehr bestehen. Regelmäßig betreffen die Ausschlussfristen letztlich insbesondere die Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer, weshalb Nutznießer häufig der Arbeitgeber ist.
Arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln (oder Verfallklauseln) stellen praktisch immer allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne von § 305 BGB dar. Wie andere AGB dürfen auch Ausschlussklauseln keine unangemessenen Benachteiligungen des Arbeitnehmers enthalten. Außerdem müssen sie transparent, d.h. für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer klar und verständlich sein.
Seit dem 01.01.2015 gilt das Mindestlohngesetz. Der dort unabhängig von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen geregelte gesetzliche Mindestlohn kann nur aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs verzichtet werden. Auch die Verwirkung des Mindestlohnanspruchs ist ausgeschlossen (§ 3 S. 2 MiLoG).
Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass Ausschlussklauseln, die in einem Arbeitsvertrag enthalten sind und auch die Mindestausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit berücksichtigen, dennoch unwirksam sind, falls sie den Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnehmen. Die Ausschlussklausel muss also nicht nur alle anderen von der Rechtsprechung formulierten Voraussetzungen zu ihrer Wirksamkeit wahren. Sie muss darüber hinaus auch ausdrücklich deutlich machen, dass sie für den gesetzlichen Mindestlohn ohnehin nicht gilt. Nur wenn der Text des Arbeitsvertrags zur Ausschluss- oder Verfallklausel ausdrücklich Formulierungen zum Mindestlohn enthält, kann die Ausschlussklausel wirksam sein. Fehlt eine solche Klarstellung, ist aber die Ausschlussklausel nicht nur betreffend der Mindestlohnansprüche unwirksam. Ohne eine Klarstellung zum Mindestlohn ist vielmehr die Ausschluss- oder Verfallklausel insgesamt unwirksam.
Macht ein Arbeitnehmer also andere Vergütungsansprüche oder beispielsweise auch Urlaubsansprüche geltend, so kann sich der Arbeitgeber nicht mehr auf den Ausschluss der Ansprüche wegen der im Arbeitsvertrag vereinbarten Verfallklausel berufen, wenn in der Verfallklausel der Mindestlohn nicht ausdrücklich ausgenommen ist. Die Ausschluss- oder Verfallklausel ist dann insgesamt so zu behandeln, als wäre sie in dem Arbeitsvertrag nicht Inhalt gewesen.